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15.01.2009

Rumänien – Vielfalt in Europas Südosten

Vom Donaudelta bis zu Dracula: im Partnerland der CMT 2009 gibt es viel Unbekanntes zu entdecken / 38 Prozent mehr deutsche Touristen
Momentaufnahmen aus Rumänien, dem etwas anderen Reiseland im Südosten Europas: ein Schwarm Pelikane zieht majestätisch über der Donau seine Bahn, wie eine Perlenkette reihen sich unten am Fluss die Häuser des Dorfes Crisan aneinander, ein kleines Boot tuckert stromaufwärts. Am Ortsende biegt Florin (30) in das undurchdringlich scheinende Netz von Kanälen ab, vorbei an tief hängenden Weidenzweigen, umgestürzten Erlen, Wasserlilien und Schilf geht es hinein in das grüne Labyrinth. Immer wieder stieben Silberreiher, Enten und Blässhühner vom Bootsmotor aufgeschreckt davon, bis wir den Lacul Obretino Mic erreichen. Das ist ein flacher See mit zehntausenden von Wasserrosen, die einer gewaltigen Heerschar von Fröschen Wohnstatt bieten. Florin macht den Motor aus und wir lauschen dem fröhlichen Frosch-Konzert. Irgendwo da hinten plumpst die Abendsonne in den See, Fische springen. Und Großstadt-Hektik scheint Lichtjahre entfernt…

400 Kilometer weiter westlich, jenseits der Karpaten: Stolz präsentiert sich Sibiu, vor mehr als 800 Jahren von deutschen Siedlern, den „Siebenbürger Sachsen“, gegründet, als postkartenreife Musteridylle auf dem Sprung ins 21. Jahrhundert. Große Teile der Altstadt sind pünktlich zum Auftritt als Europäische Kulturmetropole 2007 mustergültig saniert worden. Überall Schilder „Mit Unterstützung der EU“, schicke Cafés rings um den Großen Platz mit dem Brukenthal-Museum und der Jesuitenkirche, schnittige Karossen aus Stuttgarter Produktion, die ersten Boutiquen mit Designermode (ohne Preisschild) im Schaufenster – und dazwischen eine bettelnde Alte, die sich überschwänglich für ein paar Lei bedankt. Draußen vor der Stadt zuckeln Pferdefuhrwerke über den löcherigen Asphalt, während drinnen in der schön herausgeputzten Fußgängerzone Nicolae Balcescu die „Jeunesse dorée“ flaniert. Hermannstadt im Jahr zwei nach dem EU-Beitritt Rumäniens.



Der Besucher merkt schnell: das Land am Karpatenbogen mit seinen bis über 2.500 Meter hohen Bergen ist von großen, mitunter auch harten sozialen Kontrasten geprägt – so wie die Nachbarstaaten im Osten und Südosten Europas auch. Auf der anderen Seite stehen ein unglaublicher Reichtum an schöner Landschaft, Kultursehenswürdigkeiten von Weltrang, unverdorbene Natur und Menschen, die oft (nicht zu Unrecht) als die „Italiener des Ostens“ beschrieben werden. Der Name Romania steht für die Nachfolge des oströmischen Reiches. Darauf sind die Rumänen stolz. Wer Latein oder Italienisch kann, versteht Rumänisch recht gut. Etwa 80 Prozent des Vokabulares sind lateinischen Ursprungs. „Buna seara“ heißt zum Beispiel Guten Abend und Auf Wiedersehen „La revedere“.

Zurück ins Donaudelta. Seeadler, Silberreiher und 300 weitere Vogelarten leben hier, Welse, Zander, Hechte und anderes Fischgetier. Vollkommen unberührte Auwälder, kleine Dörfer, die nur auf dem Wasserweg erreichbar sind und in denen die Zeit irgendwann vor über 50 Jahren stehen blieb – eine der letzten Urlandschaften Europas. Nur 15.000 Menschen leben in dem Gebiet von der Größe des Saarlandes: Rumänen, Ukrainer, russischstämmige Lipowener, Nachfahren der Griechen und der Türken. Wasser ist hier überall. Vor dem Haus ein Donauarm, dahinter ein Kanal oder ein See. Kanäle, manchmal nur drei Meter breit, manchmal fast so mächtig wie der Fluss, durchziehen das aquatische Labyrinth, verbinden die flachen, schilfumstandenen Seen mit den schiffbaren Wasserstraßen.

Mila 23 ist eines dieser Dörfer. Genau 23 Meilen von der Donaumündung entfernt gelegen, ist der 2.400-Seelen-Ort bis heute nur mit dem Boot erreichbar. Die kleinen Fischer aus der Umgebung landen hier ihren Fang an. Bis zur Stadt Tulcea, dem „Tor zum Delta“ sind’s drei Stunden mit dem Schiff. Mila 23 wurde von Lipowenern gegründet, Glaubensflüchtlingen aus dem Reich des russischen Zaren. Auffallend viele blonde Menschen sieht man denn auch am Schiffsanleger und auf den Sandwegen des Dorfes. Mehrere neue Pensionen mit allem Komfort gibt es bereits in Mila 23, auf der anderen Seite der Alten Donau entsteht gerade ein Hotel. Der Tourismus ist angekommen – Zukunftsperspektive für eine Gegend, aus der seit langem die Jungen fortgehen und nur die Alten zurück bleiben. Wer die Ruhe sucht, einzigartige Naturerlebnisse und die Begegnung mit gastfreundlichen Menschen, der ist im Donaudelta gut aufgehoben. Offenheit für Neues und ein klein wenig Abenteuergeist gehören allerdings dazu.

Erneuter Szenenwechsel. Siebenbürgen, das „Land der sieben Burgen“, ist auch als Transsilvanien bekannt, Heimat von Graf Dracula. Die Burg Bran, unweit von Brasov (Kronstadt) in den Ausläufern der Karpaten gelegen, hat den „Fürsten der Nacht“ zwar nie gesehen – dennoch gehört sie zu den meistbesuchten Touristenzielen Rumäniens. Vom Rummel um den vom irischen Schriftsteller Bram Stoker 1897 erst erfundenen Vampir lässt sich’s gut leben, an Dracula-Devotionalien und Souvenirs herrscht kein Mangel rings um die 1212 vom Deutschen Orden gegründete Burg. In Sighisoara (Schäßburg) hingegen kann man im Vlad-Dracul-Haus direkt unter einem vergilbten Fresko speisen, das Draculas Vater zeigt, der im 15. Jahrhundert einige Zeit hier wohnte; angeblich wurde der später für seine Grausamkeit berüchtigte „Vlad der Pfähler“ hier geboren. Aber ganz sicher ist auch das nicht.

Keine Zweifel gibt es freilich darüber, dass Schäßburg mit seiner historischen, zum UNESCO-Weltkulturerbe zählenden Oberstadt ein ganz besonderes Architekturjuwel darstellt. 140 mittelalterliche Gebäude gibt es innerhalb der zu 90 Prozent erhaltenen Ringmauer, mit dem 64 Meter hohen, im 14. Jahrhundert erbauten Stundturm als Glanzlicht. Ein Stück Rothenburg in Rumänien, allerdings noch nicht so komplett heraus geputzt wie die Schöne ob der Tauber. Zur Bergkirche mit dem evangelischen Friedhof und dem Deutschen Gymnasium führen die mehr als 100 Stufen der Schulerstiege steil hinauf. Die vielen deutschen Namen aus vergangenen Jahrhunderten auf den verwitterten Grabsteinen zu sehen, ist bewegend. Nur noch selten bringen frische Blumen einen Farbtupfer – wo die Nachkommen der Toten nach Deutschland ausgewandert sind, kann die Grabpflege nur sporadisch statt finden. Rumänien hat zu Zeiten des Diktators Ceaucescu und gleich nach der Wende den Exodus der Siebenbürger Sachsen erlebt. Von einstmals einer Viertelmillion Menschen sind nur etwa 15.000 im Land geblieben.

Überall im Hochland Transsilvaniens finden sich die Spuren ihrer mehr als 800jährigen Kultur – sei es in den mächtigen, zum Schutz gegen die Tartaren- und Türkeneinfälle errichteten Kirchenburgen, sei es in den mittelalterlichen Städten mit ihrem Zunftwesen, in der Küche oder im Weinbau, den die deutschen Siedler mitbrachten. In Biertan (Birthälm), das bis 1862 sogar Bischofssitz war, zählte die evangelische Gemeinde früher mehr als 3.000 Seelen. Heute versammeln sich maximal noch 180 in der spätgotischen Marienkirche, wenn einmal im Monat der Herr Pfarrer aus Mediasch den Gottesdienst hält. Aber zum „Sachsentreffen“ im September kommen tausende Ex-Siebenbürger aus der ganzen Welt in die alte Heimat. Der eine oder andere ist inzwischen sogar ganz zurück gekehrt – seit dem EU-Beitritt Rumäniens 2007 sieht die Zukunft besser aus.

Für Adina Secara, Direktorin des Rumänischen Tourismusamtes in München, bietet der Fremdenverkehr eine Riesenchance, das Land und seine Infrastruktur zu entwickeln. „Wir haben ein Riesenpotenzial in Rumänien: die Schwarzmeerküste und das Donaudelta, die Karpaten, Bukarest, die Moldau-Klöster, das Waldland Bucovina im Norden an der Grenze zur Ukraine, das Maramuresch-Gebiet mit seinen Holzkirchen, Siebenbürgen, das Banat, eine sehr lebendige Volkskultur, gastfreundliche Menschen, gute Küche und hervorragende Weine.“ Mehr und mehr Deutsche entdecken derzeit die Vorzüge dieses urigen, unverfälschten Urlaubslandes in Europas Südosten. 475.000 deutsche Touristen wurden 2007 gezählt – ein Plus von 38 Prozent gegenüber dem Vorjahr! Damit liegen die deutschen Gäste auf Platz 3 hinter Ukrainern und Bulgaren, bei den Übernachtungen sind sie auf Platz 1. Über 120 deutsche Reiseveranstalter haben inzwischen Rumänien ins Programm genommen, das Angebot wird sich 2009 gegenüber diesem Jahr verdoppeln. Das Land ist schwer im Kommen. Dabei sind Kultur- und Naturtourismus Trumpf, kann Rumänien doch allein mit 580 Naturschutzgebieten und 13 Nationalparks aufwarten. In den waldreichen Karpaten leben Wölfe, Luchse - und 50 Prozent der europäischen Braunbären.

Mit seinem Auftritt als Partnerland der CMT 2009 (17. – 25. Januar) will Rumänien vor allem seinen Bekanntheitsgrad als Reisedestination erhöhen und die große Vielfalt des touristischen Angebotes aufzeigen. „Die Leute wissen einfach noch nicht genug über Rumänien“, sagt Adina Secara, „aber wer einmal bei uns war, kommt wieder.“ Am Partnerland-Stand in Halle 4 gibt es während der neun Messetage – neben jeder Menge Information - Folkloreaufführungen, klassische Musik und rumänische Spezialitäten für Zunge und Gaumen. Außerdem kann man einer Ikonenmalerin, einem Töpfer und einem Schnitzer über die Schulter schauen, der aus Schilfrohr wunderschöne Dinge fertigt. Im Rahmen des CMT-Begleitprogrammes „Stuttgart reist“ sind ein Ethno-Pop-Konzert in der Stadt und ein nächtlicher „Tanz der Vampire“ in einem Szenelokal geplant. Soviel Dracula muss sein…





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