Das große Missverständnis

15.10.2009 | 127449
Public-Private-Partnership– Chance oder Risiko?

Eine moderne und leistungsfähige Infrastruktur ist im nationalen wie internationalen Standortwettbewerb von Städten und Gemeinden ein wichtiger Faktor, der auch in Zukunft noch weiter an Bedeutung gewinnen wird. Dazu gehören natürlich auch Schwimmbäder, Thermen und ähnliche Einrichtungen. Das heißt im Klartext, es ist sofort über Aufbau, Ausbau und Erhalt zu reden. Über Investitionen also. Die Zeiten dafür sind jedoch eher schlecht. Aufgrund der angespannten Lage der öffentlichen Haushalte hat sich in Deutschland in den zurückliegenden Jahren ein immenser Investitionsbedarf aufgestaut. Die kommunale Finanznot hat bereits dramatische Züge angenommen: Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) geht von einem Investitionsstau in Höhe von etwa 75 Milliarden Euro aus, der sich im Laufe der vergangenen Jahre angesammelt hat. Dieser Finanzbedarf wird auch weiter wachsen, wenn die vielen großen Bauten aus den 70er und 80er Jahren grundsaniert werden müssen. Das betrifft natürlich auch wieder Einrichtungen wie Schwimmbäder und Thermen.
Angesichts der knappen Kassen kann hier nicht gehandelt werden. Der Mangel kann lediglich verwaltet werden.

Kein Geld – und jetzt?

Die wenigen vorhandenen finanziellen Ressourcen zwingen die öffentliche Hand zu einer effizienten Nutzung. Die Spielräume werden enger. Und jene 14 Milliarden Euro, die der Bund den Kommunen als Konjunkturpaket bereitstellt, fließen nur zögerlich, und zwar in allen Bundesländern. „Es kommt leider sehr langsam“, meint etwa Eckart Drosse, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbands Hessen-Thüringen. Darüber hinaus brechen vielen Städten und Gemeinden derzeit die Gewerbesteuereinnahmen weg. Das könnte dazu führen, dass sie selbst im Falle des Konjunkturgeldflusses die Scheine für die erforderliche Co-Finanzierung nicht mehr haben. Zur Verbesserung dieser Situation schlagen Städte und Gemeinden immer häufiger neue, attraktiv erscheinende Wege ein. Diese reichen vom Outsourcing kommunaler Leistungen über Cross-Border-Leasing bis hin zum Verkauf kommunaler Wohnungsbestände und anderer kommunaler Einrichtungen der sozialen und technischen Infrastruktur. Konsequente Beschränkung auf kommunale Kernaufgaben heißt die Devise. Bei allem anderen besteht die Möglichkeit zu prüfen, inwieweit privates Kapital und Know-how stärker bei der Beschaffung oder der Bereitstellung öffentlicher Infrastruktur genutzt werden können. Die Zusammenarbeit zwischen Öffentlicher Hand und Privatwirtschaft zur Erfüllung komplexer öffentlicher Aufgaben, diese Art der Arbeitsteilung, nennt sich Public-Private- Partnership (PPP).



Public Private Partnership schwer in Mode

Die Modeerscheinung PPP ist inzwischen auch auf dem Bädermarkt angekommen. Europaweit werden bereits fast zwei Drittel aller Bäderprojekte, ob bei Sanierung, Modernisierung oder Neubau von kommunalen Hallen- oder Freibädern, als PPP-Verfahren ausgeschrieben. Die Erkenntnis, dass öffentliche Serviceangebote zukunftsfähig gemacht werden müssen sowie die aktuelle Wirtschaftskrise verstärken den Wunsch nach PPP weiter. Kann das Instrument PPP der Geist aus der Flasche sein, der die Öffentliche Hand von allen Finanznöten befreit? Eine Schwierigkeit von vornherein ist dabei, dass unterschiedliche Interessen aufeinanderprallen. Die Öffentliche Hand will bei PPP-Projekten die politische und rechtliche Kontrolle behalten. Der private Geldgeber strebt in erster Linie einen angemessenen Ertrag an. Dr. Werner Heinz von der Kölner Außenstelle des Difu lässt in einem Aufsatz einen Bürgermeister und einen Finanzbeamten auftreten. „Bauvorhaben,” so der Bürgermeister, „werden mit dem PPP-Ansatz entpolitisiert, das ist heilsam, es gilt das Primat der Wirtschaft.“ Der Finanzbeamte weist darauf hin: „Herkömmliche PPP-Verfahren werden häufig dadurch beeinträchtigt, weil der Gemeinderat und die Ausschüsse mitreden wollen, so dass Dinge eine Rolle spielen, die nichts mit Wirtschaft zu tun haben.“
Der Bürgermeister von Boppard, Dr. Walter Bersch, bezeichnet es als Glücksfall, dass die Stadt ein PPP-Modell umsetzen kann. „Zukünftig wird, trotz hoher Investition, die finanzielle Belastung der Stadt Boppard durch den Schwimmbadbetrieb um etwa zwei Drittel reduziert. Der so deutlich gesenkte finanzielle Zuschuss der Stadt Boppard ist darüber hinaus auch nur erforderlich, um das bisherige Freibadangebot sowie die bisherigen Rahmenbedingungen für Schul- und Vereinsschwimmen weiterhin aufrecht zu erhalten.“ Die Gemeindevertreter von Kochel mit ihrem Freizeitbad „Trimini“ sowie die Stadträte von Schongau mit der Anlage „Plantsch“ haben sich im Gegensatz dazu enttäuscht von PPP-Modellen abgewendet. Der Vertriebsleiter und Prokurist der Betreibergesellschaft GMF, Rainer Pethran, lässt auf dem 3. Management Symposium 2009, das von Wenzel Consulting in Hamburg organisiert wurde, ein ganz besonderes Ergebnis-Gespenst eines PPP-Modells heraufziehen: „Investor pleite – Stadt ratlos.“

Unvereinbare Gegensätze

Offensichtlich alles gar nicht so einfach. Zunächst einmal ist festzuhalten, dass die hohen Erwartungen beider Seiten oft nur unzureichend erfüllt werden. Was vermutlich auch daran liegt, dass eine grundlegende Analyse dessen, was ein PPP-Model zu leisten vermag und was nicht, nicht vorgenommen wird. PPP-Modelle auf den Prüfstand zu stellen, muss geradezu das Anliegen von h+k_professional sein. Schließlich hat das Magazin auch schon in der Vergangenheit Impulse gegeben, etwa zu den Themenkomplexen „Profitcenter“ oder „Energiefalle“. Da die vollzogene Praxis oft die probatesten Lösungen parat hält, werden im ersten Durchlauf des PPP-Themas führende Protagonisten der Public-Seite befragt. Auf die Frage, wie sich die Beziehung zwischen der auftraggebenden Politik, die sich am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge zu orientieren hat und dem Renditeinteresse des privaten Investors für beide Seiten zufriedenstellend gestalten lässt, antwortet Herbert Doll, Geschäftsführer der monte mare Unternehmensgruppe:„Schon die Fragestellung ist typisch für die öffentliche Diskussion und suggeriert einerseits die ‚guten und ehrwürdigen’ Motive des öffentlichen Partners und die ‚Heuschreckenmentalität’ des privaten Partners. Genau diese Herausstellung der diametralen Extrempositionen wird von Gruppen mit Partikularinteressen und im politischen Raum aufgegriffen und verhindert eine unaufgeregte und sachgerechte Auseinandersetzung mit der Thematik. Bei gelassener Diskussion wird sehr schnell deutlich, dass trotz unstrittig vorhandener Interessenskonflikte die gemeinsamen Interessen bei weitem überwiegen. Dieser Sachverhalt sollte sich dann auch in der Vertragsgestaltung wieder finden.„ Eins wird beiden Partnern dabei nicht erspart bleiben: reden, reden und nochmals reden“, das weiß Robin F. Stork, Geschäftsführer der Unternehmensgruppe Stork, „denn es muss klar sein beziehungsweise klar werden, dass in den meisten Fällen eine PPP-Maßnahme dazu führt, dass sich am Bestehenden etwas ändern muss. Damit es besser wird - ansonsten macht das Modell ja keinen Sinn.“ Rainer Pethran ergänzt dazu: „Auch die durch die Allgemeinwohlverpflichtung des öffentlichen Partners entstehenden Verluste des privaten Partners müssen im Blick bleiben und gegebenenfalls ausgeglichen werden.“ Ein Umstand, den der Bopparder Bürgermeister zur Basis seines angestrebten PPP-Modells gemacht hat. Wie ausschlaggebend die Betrachtungsweise eines PPP-Modells ist, darauf weist Mark Tom Pösken hin, Geschäftsführer der Deyle Management GmbH: „Ein PPP-Modell muss den gesamten Lebenszyklus einer Anlage berücksichtigen. Das sind bei einem Bad mindestens 20 bis 30 Jahre. Nach der Vergabe dürfen idealerweise keine Veränderungen vorgenommen werden. Ein institutionalisierter Dialog während des gesamten Lebenszyklus ist unabdingbar, denn nur so ist eine langfristige Rentabilität als gemeinsames Ziel auch umzusetzen.“

Ein weiteres Pfund, mit dem die öffentlichen Partner wuchern können, ist Vorhandensein geeigneter Flächen oder Altanlagen, die dem unmittelbaren Zugriff des Partners unterliegen. Oft wird auch vergessen, wie wichtig für eine Zusammenarbeit auch die breiten lokalen und regionalen Netzwerke sind, der Zugang zu politischen Entscheidungsträgern sowie die Erfahrungen in und mit öffentlichen Verwaltungsabläufen.“ Rainer Pethran fügt ergänzend die so entstehende hohe Planungssicherheit für den privaten Partner an und liefert gleichzeitig das nächste Stichwort für die andere Seite: „Ein privater Partner hat ein gerütteltes Maß an Betreibererfahrung auf seiner Seite. Aufgrund dieser hat er auch Verhandlungsmöglichkeiten, die dem öffentlichen Partner so sicherlich nicht zur Verfügung stehen.“ Doch damit ist der Stärkereigen der privaten Wirtschaft noch lange nicht zu Ende, „steht ihr doch die Ausschöpfung der Innovationsfähigkeit des privaten Partners in Gänze zur Verfügung“, merkt Mark Tom Pösken an, „dies beinhaltet umfangreiches Know-How des Finanz- und Risikomanagements und nicht zu vergessen das der effizienten Personalpolitik.“ Eine Vielzahl von Effizienzvorteilen ist bereits deutlich geworden. Herbert Doll weist in diesem Zusammenhang einerseits auf die insgesamt größere Entscheidungsflexibilität des privaten Partners hin und andererseits auf die hohe Preis-, Termin- und Qualitätssicherheit bei der Errichtung der Anlage in den Bereichen Wasser-Wärme-Wellness. „Vielfältiges Spezialwissen und ausgefuchste Routine also kann der private Partner in die Waagschale werfen“, bringt Robin F. Stork die Argumente abschließend auf den Punkt.

Die Diskussion bis hier hin hat gezeigt, dass PPP-Modelle sehr wohl adäquate Lösungen für die beiderseitigen Interessen, die der Öffentlichen Hand und die der privaten Partner, sein können. Wie inhaltsschwer die Begrifflichkeit PPP ist, haben die Gespräche ebenfalls offenbart. Wenn das Worttrio nicht falsch akzentuiert wird, dann ist „Public“ genauso gleichberechtigt wie „Private.“ Gemeinsam münden sie in echtes „Partnership.“ So und nur so hat PPP seine Berechtigung und nur so entfaltet PPP seine positiven Wirkungen. In der nächsten Ausgabe wird das Thema in Sachen „Prozesshaftigkeit“ und „Wirtschaftliche Aspekte“ vertieft. Weiterhin werden die unterschiedlichen Ausprägungen von PPP-Modellen unter die Lupe genommen. Darüber hinaus werden ein Kommunalpolitiker und ein Architekt ausführlich zu Wort kommen.



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Über den Autor

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Im Verlag erscheint vierteljährlich das Printmagazin heiss + kalt, das in über 250 Saunanlagen ausgelegt wird. Zu dem Magazin heiss + kalt gehört als Online Gegenstück die Internetseite www.saunasauna.de. Außerdem erscheint halbjährlich das Magazin h+k professional ,mit der Internetseite www.wellness-planung.de als Onlinependant. Ebenso werden regelmäßig diverse Kundenzeitschriften produziert.

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